Wann keine Neuware der beste Neuanfang wäre

„Möchten Sie eine Tüte dazu?“, „Nein danke, das geht auch so“. So sieht meine Idealantwort an der Kasse aus und so antworte ich mittlerweile auch im Regelfall. Denn ich habe mir fest vorgenommen nicht Teil der Gesellschaft zu sein, die Plastik gedankenlos verschwendet. Und doch läuft es manchmal anders, als ich es gern hätte. Am schwächsten werde ich, wenn ich unterwegs bin und spontan etwas zu Essen und zu Trinken finden muss. Und wenn ich dann doch zur Tüte für die Bananen greife, weil ich schon vier (Plastik-) Flaschen Wasser auf dem Arm habe oder wenn ich den Salat to Go inklusive (Plastik-) Gabel kaufe, bei dem auch noch das Dressing und die Cherrytomaten separat verpackt sind, regt sich hinterher das Gewissen. Denn all dieser Müll hätte ja gar nicht zustande kommen müssen, hätte ich mir nur ein wenig mehr Mühe gegeben – oder sind wir dagegen etwa machtlos?

Mittlerweile ist das Problem des Plastiks und dessen Auswirkung auf die Umwelt bei weitem nicht mehr unbekannt. Ständig wettern die Nachrichten dagegen, es wird damit geworben und an geschützten Orten darauf hingewiesen. Also warum ändert sich eigentlich nichts?

Im Herbst 2018 stieß ich auf einen Werbeclip des WWF (https://www.youtube.com/watch?v=Xd03sN3eIuM). Als ich diesen zum ersten Mal sah, fand ich ihn sehr gelungen, denn mir kam fast das Essen wieder hoch, als ich einem Kind dabei zusah, wie Plastikmassen scheinbar in seinem weinenden Mund verschwanden. Und trotzdem scheint all das sehr weit entfernt. Bilder von fußballfeldgroßen Plastiklachen auf dem Meer erschrecken uns zwar, aber nach ein paar Minuten sind sie wieder vergessen. Vielleicht werden Sie von noch schlimmeren Bildern eines Anschlages oder einer Naturkatastrophe aus unseren Köpfen verdrängt. Möglicherweise sind wir bereits abgehärtet gegen solche Fotos. Doch bald hilft leider bereits ein Blick aus dem Fenster oder auf den Boden, um den Ernst der Lage zu begreifen. Wenn die Plastiktüte aus dem Aldi nebenan plötzlich vom Wind getragen über den Bürgersteig tanzt, steigt die Aufmerksamkeit schon eher.

Mich hat es besonders im letzten Sommer getroffen. Auf Sardinien habe ich eine recht abgelegene, kleine Bucht besucht und war ziemlich niedergeschlagen, als auf einmal der Bürstenkopf eines Besens von den Wellen angespült wurde und sich zu einer Cola-Flasche gesellte, die anscheinend vorherige Besuchende liegen gelassen hatten. Zwischen solchem Dreck möchte niemand baden und – im Falle der Meeresbewohner – erst recht nicht leben!

Die Konsequenz: Plastik muss weg! Doch auch wenn die Zeit drängt, ist das manchmal einfacher gesagt als getan. Oder soll ich mein Duschgel jetzt im abbaubaren Tetrapack kaufen?

Unsere Politiker*innen haben sich diesem Problem bereits angenommen und setzen zunächst dort an, wo es am einfachsten ist Plastik zu vermeiden. 2018 wurde schließlich der Entschluss gefasst, Strohhalme, Besteck und andere vermeidbare Gegenstände aus Plastik zu verbieten. Zwar gab es zunächst Gelächter, die EU habe wichtigere Probleme und befasse sich stattdessen mit Strohhalmen, jedoch finde ich den Ansatz sehr gut, denn jeder Fortschritt ist schließlich besser als Aufschub. So erfuhren wir gegen Ende des letzten Jahres, dass ersetzbare Plastikgegenstände, die einmalig benutzt werden, bist spätestens 2021 verboten werden sollen und es weitere Minderungsziele für den Plastikverbrauch gebe, deren Fristen jedoch teilweise bis 2025 oder gar 2030 reichen.1,2

Ich habe daraufhin für mich festgestellt, dass ich selbst etwas tun muss. Denn diese Ziele sind zwar lobenswert, aber ob das reichen wird, wenn wir nicht auch etwas ändern, ist fragwürdig. Auf der Suche nach Möglichkeiten meinen Plastikverbrauch zu senken habe ich mir insbesondere drei Übeltäterinnen herausgepickt:


Die Plastiktüte

Besonders böse Vertreterinnen der Spezies Plastiktüte sind die Obst- und Gemüsetüten! Selbst wer sonst einen wiederverwendbaren Beutel mitgebracht hat, steht dann im Supermarkt vor dem Problem, dass die Äpfel plötzlich mit dem Waschmittel um die Wette purzeln – sehr appetitlich. Einen Lösungsansatz zeigte Rewe mit Mehrwegnetzen. Ebenso praktisch sind mitgebrachte Taschen, welche sich teilweise bis auf Visitenkartengröße zusammenfalten lassen. Doch auch der klassische Jutebeutel kann überzeugen, ist er doch nicht nur angenehmer zu tragen, sondern auch reißfester und somit ebenfalls geeignet für den Transport anderweitiger Gegenstände (es muss ja nicht immer der Einkauf sein).

Sehen sich die umweltbewussten Verbrauchenden aufgrund von Vergesslichkeit nun doch in der unangenehmen Lage eine Plastiktüte gekauft zu haben, können sie diese zumindest verantwortungsbewusst wiederverwenden. Im Zweifelsfall stülpt man sie einfach über den Mülleimer und spart sich die zusätzliche Mülltüte.

Die Plastikflasche

Lechzend nach Flüssigkeit komme ich am Wasserregal an und sehe: Reihen voller Plastik! Präventiv: Der Kauf einer Plastikflasche lässt sich durch den einmaligen Kauf einer Trinkflasche aus Hartplastik, Glas oder Aluminium vermeiden. Diese kann beliebig oft aufgefüllt werden und bietet ggf. noch praktischere Funktionen als Volvic, Vio und Co.

Jetzt werden einige maulen: Solche Trinkflaschen laufen immer aus, sie sind zu klein oder zu schwer, wie soll ich die immer bei mir tragen, usw. Leider bin ich selbst auch noch auf der Suche nach dem perfekten Produkt, das alle diese Anforderungen erfüllt (bei Fund, bitte melden!).

Muss es also hin und wieder doch die konventionelle Wasserflasche sein, so sollte wenigstens auf eine verantwortungsbewusste Marke gesetzt werden. Mein Favorit ist das Wasser von „share“, welches es bei dm und Rewe zu kaufen gibt. Die Flaschen bestehen zu 100% aus recyceltem Altplastik und mit jeder Flasche wird Wasser an eine bedürftige Person gespendet. Daher überzeugte es mich nicht nur durch seinen moderaten Preis und guten Geschmack, denn es handelt sich um Alpenwasser, sondern bot auch eine willkommene Alternative zu einem allgegenwärtig ausbeutenden Konzernriesen…

Die Plastikkosmetik

Das wohl furchtbarste aller Plastikprobleme ist das Mikroplastik. Es ist so klein, dass es mit bloßem Auge nicht gesehen werden kann und verteilt sich überall auf der Erde, sodass wir es teilweise mit der Nahrung wieder aufnehmen. Das Phänomen erinnert an Bastelglitzer: macht man eine Packung auf, findet man ihn noch Jahre später wieder. Jedoch verbergen sich die kleinen Plastikpartikel oftmals in Duschgels, Cremes und anderen Kosmetikprodukten, ohne dass wir etwas davon merken.

Abhilfe schafft die App „Codecheck“. Mit der Handykamera kann ganz bequem der Barcode des Produktes gescannt werden. Ist letzteres bereits erfasst, was meistens der Fall ist, werden bedenkliche Inhaltsstoffe, unter anderem Mikroplastik, angezeigt und das Produkt kann schnell wieder zurück in das Regal gestellt werden.


Wurden diese drei Produkte bereits umgangen, ist man auf einem guten Weg dem Plastik den Kampf anzusagen. Es gibt noch diverse weitere Möglichkeiten, welche ich teilweise noch ausprobieren werde, wie z. B. verpackungsfreie Supermärkte. Wenn jede*r sich ein bisschen damit auseinandersetzt, können wir es noch schaffen uns vor der Plastikflut zu retten.

Quellen

1 Vgl. dpa (2018), EU-Parlament stimmt für Verbot von Strohhalmen und Co., Online im Internet: URL: https://www.zeit.de/news/2018-10/24/eu-parlament-stimmt-fuer-verbot-von-strohhalmen-und-co-181024-99-500545, Stand: 12.04.2019

2 Vgl. Küstner, Kai (2018), EU will Strohhalme und Co. Verbieten, Online im Internet: URL: https://www.tagesschau.de/ausland/plastikmuell-131.html, Stand: 12.04.2019