Über die Mobilität von heute und morgen

In Norwegen soll der Verbrennungsmotor 2025 Geschichte sein. In Deutschland verläuft die Entwicklung schwerfälliger, die herausragende Rolle der Automobilindustrie in der Wirtschaft erschwert den Übergang in eine neue Zeit der Mobilität. Und während so der Bedarf an privater Mobilität stetig wächst, wächst auch die Ungewissheit, wie das in Zukunft überhaupt funktionieren soll.

Besonders Hierzulande, wo jahrelang versucht wurde, den Diesel als Technik der Zukunft zu etablieren. Dieser steht jedoch nach Jahren der Skandale in der Bredouille, schon länger wird höchstemotional um sein Image gestritten. Denn ist der Diesel in Gefahr, braucht es nicht viel um das Herzensthema der Deutschen schlechthin anzugreifen – ihre Mobilität. Das Auto und seine Straßen besitzen für viele Bürger*innen einen extrem hohen personellen und kulturellen Wert. Der eigene PKW symbolisiert die in Stahl gepresste Freiheit, denn nur in diesem Land kann der Bundesverkehrsminister Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen ohne Konsequenzen als „gegen jeden Menschenverstand“ bezeichnen.

Die Zukunft fährt elektrisch?

Mit der Verunsicherung kommt aber auch Veränderung. In den letzten zwei Jahren verdoppelte sich die Anzahl der zugelassenen Elektroautos auf 54.000. Die Technik gleicht momentan einer Allheilshoffnung, mit der sich Klima und Mobilität bequem retten lassen. Gleichzeitig werden natürlich auch die Skeptiker*innen lauter. Bei der Batterieproduktion entstünden so viele Abgase, der Wechsel zum Elektroauto lohne gar nicht. Je nach Standpunkt wird entweder die Hoffnung auf die Klimawende, oder Angst vor dem Verlust des Status Quo auf das Elektroauto
projiziert.

Doch was taugt die Technologie wirklich? Der große Vorteil des Elektroautos ist sein Antrieb. Er koppelt die Technik direkt an die Energiewende. Lässt man den unvermeidbaren Verschleiß außen vor, fährt das Elektroauto im Betrieb immer so umweltfreundlich wie sein gezapfter Strom. Jedoch entstammen heute noch 70% des deutschen Strommix aus fossilen Brennstoffen, der Anteil der regenerativen Energien soll 2025 aber schon 50% betragen.

Das große Manko des Elektroautos bleibt, neben den langen Ladezeiten, die Batterieproduktion. Die Produktion benötigt nicht nur enorme Mengen Energie, sondern auch Silizium und andere seltene Erden. Die werden oft unter menschenunwürdigen Verhältnissen in Ländern wie dem Kongo, oder Chile abgebaut, zu Lasten von Natur und Mensch.

Um herauszufinden, inwieweit das Elektroauto den Verbrennungsmotor wirklich ersetzen kann, lohnt sich der direkte Vergleich. Sowohl das Bundesministerium für Umwelt, als auch der ADAC beschäftigten sich in den letzten Jahren mit genau der Frage. Während die Bundesregierung das Elektroauto pauschal besser einstuft, sieht der ADAC den Diesel und Hybridfahrzeuge bei großen Motoren vorne. Beide Studien betrachten den gesamten Lebenszyklus der Autos: Produktion, Nutzung, Wartung und Entsorgung. Während das Umweltministerium diese, auf Basis von Regierungszahlen, auf 12 Jahre einschätzt, erfasst der ADAC die Lebensspanne auf 150.000 km.

Genauso rechnen beide Studien mit dem aktuellen deutschen Strommix und vergleichen das Elektroauto jeweils mit verbrauchsarmen Diesel-, Benziner- und Hybridautos. Da der ADAC aber zusätzlich zwischen Wagen oberer Mittelklasse, Kompaktwagen und Kleinwagen unterscheidet, entstehen teils unterschiedlichen Ergebnisse.

Nach dem Umweltministerium setzen Elektroautos heute, auf die gesamte Lebensspanne gerechnet, 27% weniger CO2 frei als Benziner und 16% weniger als ein verbrauchsarmer Diesel. Folgt die Entwicklung des Strommarktes den Prognosen, steigt die Differenz bis 2025 bei heute gekauften Modellen auf 40% entgegen eines Benziners und 32% zu einem Diesel.

Für den ADAC wird nur im Kompakt- und Kleinwagen elektronisch am Klimafreundlichsten gefahren. In der Klasse der Kompaktwagen entschied es knapp vor den Hybridautos das Rennen für sich. Dieselfahrzeuge liegen bei den Kleinwagen auf Platz zwei. In der oberen Mittelklasse ist der Diesel dann der Gewinner. Das Elektroauto fällt wegen der verhältnismäßig großen Batterie sogar auf den dritten Platz hinter den Hybridfahrzeugen zurück. Die Differenzierung zwischen den Motorgrößen bildet dabei den großen Vorteil in der Studie des ADAC, da die Batteriegröße kritisch für die Umweltbilanz ist. Insgesamt kommen sie zu dem Ergebnis, ein Elektroauto lohnt sich umso mehr, je mehr man es nutzt. Trotzdem lassen sie das Hauptargument für die Elektrotechnik unberücksichtigt. Ein heute gekaufter Diesel verbraucht in 10 Jahren ungefähr noch genauso viel wie zum Zeitpunkt des Kaufs.

Die Klimabilanz der Elektroautos hingegen ist gekoppelt an der Entwicklung des Strommarktes. Je grüner der Strom, desto grüner das Auto. Beide Studien konzentrieren sich aber nur auf die CO2 Bilanz der Fahrzeuge. Feinstaub, der beim Diesel und bei der Batterieproduktion ein Problem darstellt, wird nicht in die Rechnung integriert. Genauso wenig wie Schäden an Mensch und Umwelt durch die Beschaffung der Ressourcen. Beides Faktoren, die andeuten, wie schwer hohe Mobilität mit Klimaneutralität tatsächlich vereinbar ist.

Es braucht nicht nur Technik

Eine Idee, wie das Elektroauto noch klimaschonender werden könnte, wurde vom Weltwirtschaftsforum auf der letzten Klimakonferenz in Bonn diskutiert. Besonders auf einem zukünftigen Batteriemarkt wäre das Recyclen von Batterien und deren Rohstoffen essenziell. Bis 2025 gäbe es nach Schätzungen 11 Millionen Tonnen gebrauchter Lithium-Ion Batterien, die es zu entsorgen gilt. Ein Recyclingmarkt würde gegen Kosten und Schrott helfen. Nur existiert heute noch kein funktionierender Markt, weshalb die Produktion billiger bleibt als das Recyclen.

In einer weiteren Studie entwirft der ADAC ein Bild, wie Mobilität 2040 funktionieren könnte. Für ihn sind Individualismus und Digitalisierung, neben der Ökologie, die Kräfte, die unsere Mobilität prägen werden. Dabei ändert sich aber weniger die Technik, als die Art und Weise wie wir uns bewegen. Nutzen wird wichtiger sein, als Besitz. Je nach sozialer und tatsächlicher Lage wird es Angebote geben, die sich dadurch auszeichnen, dass sie verschiedene Angebote des öffentlichen Verkehrs mit individualisierten Angeboten, wie Car Sharing Apps, vereinen.

Vielleicht nicht doch was ganz anderes?

Aber wie wird die Technik zu dieser Zeit aussehen? Schon der ADAC kommt in seinen Studien zu dem Ergebnis, die Forschung müsse in jedem Fall technikneutral bleiben. Eine neue, vielversprechende Alternative zu den jetzigen Technologien existiert bereits. Das Wasserstoffauto verspricht die Vorteile des Elektromotors ganz ohne überdimensionale Batterie, oder lästige Ladezeiten. Anstatt ihn zu tanken, generiert es den nötigen Strom in Brennstoffzellen. Dort werden an einer eingebauten Membran Sauerstoff und Wasserstoff zugeführt, die chemische Reaktion setzt ausreichende Mengen an Energie frei und als einziges Nebenprodukt entsteht Wasser. Das Tanken funktioniert ähnlich wie bei einem Erdgasauto in wenigen Minuten an der Tankstelle. Dazu schaffen Fahrzeuge dieser Art noch Reichweiten, an die kein herkömmliches Elektroauto herankommt. Natürlich ist aber auch diese Technik nicht fehlerfrei.

Es fehlt an Infrastruktur, der ADAC zählt heute gerade mal 50 Tankstellen in Deutschland, und die vorhandenen Zapfsäulen funktionieren mehr schlecht als recht. Ein weiteres Problem teilt sich das Wasserstoffauto mit anderen Elektroautos: Es ist nur so grün, wie die Produktion des Wasserstoffs. Diese benötigt Unmengen an Energie, die heutige CO2 Bilanz des Autos wird auf 121g CO2/km geschätzt (zum Vergleich, die restlichen getesteten Elektroautos besaßen Bilanzen um 155g CO2/km). Nur bleibt der Vorteil auch wieder, dass dieses Problem durch die Energiewende stark minimiert werden könnte.

Erste wirkliche Alternativen zum Verbrennungsmotor entwickeln sich also langsam. Sie wirken aber nur, wenn auch andere Lebensbereiche den Problemen des Klimawandels angepasst werden. Wer also ernsthaft versucht sich nachhaltiger zu bewegen, muss schlussendlich zu der Erkenntnis kommen, dass nicht bloß Technik ausreicht, sondern unser Konsumverhalten der Schlüssel zu einer nachhaltigen, zukünftigen Mobilität ist.