G7-Gipfel: Außer Spesen nix gewesen
Der G7-Gipfel auf Schloss Elmau ist zum teuersten und absurdesten Medienspektakel geworden. Bilder von US-Präsident Obama beim Weißwurst zuzzeln, das ihm vorher die Kanzlerin beigebracht hat, die es aber ebenfalls vom eigens eingeflogenen Experten hatte erklärt bekommen müssen; Bilder von Obama beim alkoholfreien Weißbier trinken und beim Abnehmen einer Alphorn-Hymne. Man sieht, wie der japanische Premier Shinzo Abe ungläubig auf die weißen Gipfel des Wettersteinmassiv blickt und wie Präsident Francois Hollande und der Brite David Cameron Witze austauschen. Angela Merkel und Kanadas Premier Harper sind in ein Gespräch vertieft. Der Rest der Teilnehmer ist nicht zu erblicken. Die Symbolträchtigkeit dieser Bilder ist durchaus nicht zu unterschätzen. Aber sind die Kosten dieses Treffens gerechtfertigt angesichts der kargen Ergebnisse? Keinesfalls.
Eine Skype-Konferenz hätte es auch getan
Fast 130 Millionen Euro hat sich Merkel ihre womöglich letzte G7-Präsidentschaft kosten lassen. Der Besprechungsraum, der die sieben Staats- und Regierungschefs in geselliger Zeltatmosphäre zeigt mit Natur- und Berglandschaft im Hintergrund, wurde extra angebaut — und in ein Stückchen Wald hineingebaut. Der Anblick suggeriert hart verhandelnde Politiker, die den Tisch nicht eher verlassen, bis das Ergebnis feststeht. Den Großteil der Vorverhandlungen haben jedoch Vertreter der jeweiligen Staaten schon lange im Voraus geleistet — auf deutscher Seite war das Merkels Wirtschaftsberater Lars-Hendrik Röller. Die Staatschefs müssen jetzt nur ein wenig Plaudern und einige Ungnade Stellen ausbügeln. Nichts, was man nicht auch in einer einfachen Skype-Konferenz hätte erledigen können, meinte Kabarettist Serdar Sumuncu am Montagabend bei Plasberg „hart aber fair“. Selbstverständlich ist es wichtig, dass sich Politiker treffen, das gehört dazu und ist wichtig für die guten Beziehungen und unterstreicht den Willen Gespräche zu führen — im Sinne der Kostenersparnis sind diese Treffen allerdings nicht. Man könnte diese Treffen auch ins Weiße Haus oder das Bundeskanzleramt verlegen, dort ist die Sicherheit bereits auf einem hohen Standard, der Kostenaufwand wäre gering und man müsste nicht ganze Orte und Zufahrtsstraßen abriegeln, nur damit sieben Politiker knapp 30 Stunden miteinander reden können. Wie kann es überhaupt sein, dass sich sieben westliche Politiker als eine Art Weltregierung aufführen?
Nichts geht ohne China und Indien beim Thema Klimaschutz
Es ist ein offenes Geheimnis: Kanada gehört schon lange nicht mehr zum Tisch der sieben großen Industrienationen. Längst wäre es nötig, eine Einladung an China, Brasilien und Indien auszusprechen. Sieben von 193 Staaten der UN treffen sich jedes Jahr, um wichtige Themen wie Sicherheitspolitik, Kampf gegen den Terror, Finanz- und Klimapolitik zu diskutieren. Es wäre jedoch hilfreicher, wenn man dazu gleich die global player wie China oder Indien einlädt, gerade wenn es ums Thema Klimaschutz und Einhaltung der Zwei-Prozent-Vorgabe geht. Allein China produziert 23% der weltweiten Treibhausgase, Deutschland gerade einmal 3%. Doch das scheint nebensächlich für die Klimakanzlerin. Vor Jahren schon erklärte Merkel die Reduzierung der Treibhausgase und die Energiewende zur Chefsache. Das war ein Treppenwitz der Geschichte. Jetzt, bei ihrem letzten Gipfel, möchte Merkel Geschichte schreiben. Sie möchte Länder wie die USA und Japan, die die wahren Umweltsünder sind, mit ins Boot holen und dafür sorgen, dass sie als Klimakanzlerin in Erinnerung bleibt. Spätestens bei der Klimakonferenz in Paris in diesem Jahr sollte ersichtlich sein, dass Merkel es ernst gemeint hat mit ihren Ausführungen, die sie nicht müde wurde zu wiederholen. Im Vorfeld des Gipfels gab sie so viele Interviews wie lange nicht mehr. Leere Worte oder ernstgemeinte Versprechen?
Vorgetäuschte Harmonie
Es wird abzuwarten sein, was wirklich hinter den großmündigen Erklärungen der großen Sieben steckt. Obama und Merkel bemühten sich bei ihrem Zusammentreffen im bayerischen Ort Krün, wo sie zusammen Weißwurst- und Bier zu sich nahmen und eine Delegation Ur-Bayern in voller Tracht begrüßten, keine Zweifel an der Beständigkeit des transatlantischen Bündnisses aufkommen zu lassen. Wie weggeblasen und nicht existent schienen auf einmal die Aktivitäten der NSA auf deutschem und europäischen Boden zu sein. Die Kanzlerin betonte die enge Verbundenheit und Freundschaft zwischen Deutschland und den USA, Obama spendierte ein breites Lächeln. Die Bundesregierung leistet einen bemitleidenswerten Job bei der „lückenlosen Aufklärung“ dieses Skandals. Man möchte fast sagen, dass sie sich selbst im Weg steht. Laut Süddeutscher Zeitung will die Bundesregierung die sogenannte Selektorenliste, mithilfe derer der Bundesnachrichtendienst der NSA beim Ausspähen verhalf, nicht dem Parlament vorlegen, sondern einen Sonderermittler ernennen, der diese Liste einsehen darf und dann dem Parlamentarischen Kontrollgremium und dem Untersuchungsausschuss Bericht erstatten soll. Diese Gremien dürfen die Öffentlichkeit jedoch nicht über etwaige Missstände in Kenntnis setzen. Geheimnisswahrung und so. Die Opposition fordert, einen eigenen Ermittler ernennen zu dürfen. Dies lehnt das Kanzleramt ab. Man sieht also, was die Bundesregierung unter „lückenloser Aufklärung“ versteht.
Familiäre Eintracht
Am Ende des Gipfels entsteht das traditionelle „Familienfoto“. Ein herrlich bizarrer Anblick. Im nächsten Jahr findet der Gipfel bei Premier Shinzo Abe im japanischen Shima statt. Japan gehört zu den schärfsten Kritikern Putins und ist seit Monaten mit einer Konfrontation einer anderen Großmacht im südchinesischen Meer beschäftigt. Eins steht daher jetzt kurz nach dem deutschen G7-Gipfel schon felsenfest: Russland und China werden nächstes Jahr wieder nicht mit am Tisch sitzen und die westlichen Staaten werden weiterhin so tun, als könnten sie die weltweiten Probleme allein lösen.